Herausforderung für zukünftiges Rechtssystem

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28.06.2015

Nachdem ich heute ein wenig die Gedanken baumeln ließ, habe ich mich an eine Folge der amerikanischen Fernsehserie namens Castle erinnert, an deren Ende eigentlich erst die interessante Frage gestellt wird:

Wer viel Science-Fiction liest, ist sicher schon einmal über die Frage gestolpert, ob es Teleportation geben kann, wenn dazu der ursprüngliche Mensch am Sender in seine Bestandteile zerlegt wird und er am Empfänger ebenfalls wieder Atom für Atom zusammengesetzt werden wird.

Es gibt dann abweichende Interpretationen, von denen ich hier nur zwei der mir bekannten kurz umreißen möchte, denn eigentlich geht es in diesem Artikel um etwas anderes:

Frage 1 ist: Was geschieht, wenn im Sender die Zerlegung des zu sendenden Menschen fehlschlägt: Dann existieren zwei ununterscheidbare Kopien - welcher ist der echte und welches Exemplar muss zuerstört werden?

Frage 2 ist: Wo ist die Seele des Menschen? Wenn die im Empfänger zusammengesetzte Version tatsächlich ununterscheidbar vom "Original" ist, muss die Seele auch irgendwie transportiert worden sein. Wir haben aber nur die geneu Position und Zustand jedes Atoms des Ausgangskörpers transportiert - Hat die Seele also eine profane materiell begründete Substanz?

Nun aber zum eigentlichen Thema: in der Folge, von der ich spreche, wurde ein Mann erschossen, der einen Vertrag mit einer Firma hatte, ihn im Falle seines Todes sofort einzufrieren und so haltbar zu machen. Sobald in der Zukunft eien entsprechende Technologie verfügbar wäre, wollte er wieder aufgetaut werden und nach Heilung seiner Verletzungen oder Krankheiten weiterleben.

Seine Frau hatte exakt denselben Vertrag, weil sie sich "so sehr liebten, dass ein Leben nicht ausreichen würde".

Es stellte sich heraus, dass die Frau ihren Mann erschossen hatte, weil ihm Zweifel am Weiterleben nach dem Auftauen gekommen waren: Er wurde mit einer Krankheit diagnostiziert, die sein Gehirn langsam zuerstört hätte, so dass nach seinem Tod - vereinfacht gesagt - nichts zum Einfrieren übrig geblieben wäre.

Nachdem der Frau dieser Mord nachgewiesen wurde, tötete sie sich mit einer Giftkapsel selbst. Unmittelbar danach erschienen die Techniker des Dienstleisters, um sie zum Einfrieren abzuholen.

Damit endete die Folge wie gesagt. Die Frage, die sich bei mir aber ergibt ist die: Aktuell ist es meiner laienhaften Ansicht nach so, daß strafrechtlich der Tod des Täters eine grenze darstellt: Er selbst kann nicht belangt werden und da es keine Sippenhaftung gibt, wird niemand mehr bestraft.

In dem vorgestellten Szenario wird die Person des Täters aber wieder lebendig - vielleicht erst nach zweihundert Jahren, aber die lange Zeitspanne ändert nichts an dem Fakt: der Täter wird wieder aufstehen. Eventuell geschieht das aber so lange nach seiner Tat - zum Beispiel weil die Wissenschaft nicht schnell genug ist, die benötigten Verfahren zu entwickeln - dass die Tat bereits verjährt ist. Man muss also als Krimineller lediglich einen Vertrag mit diesem Dienstleister schließen, nach der Tat schenn genug die Giftkapsel schlucken (vielleicht sollte man ein kleines Addendum in den Vertrag schreiben, das die Mindestaufbewahrungsdaer regelt - falls die Wissenschaft doch schneller arbeiten sollte) und schon ist man alle Sorgen los.

Es lassen sich viele Möglichkeiten denken, diesem Szenario zu entgehen: Durch einen kriminellen Akt erlöschen alle Ansprüche an den Dienstleister. Oder die Verjährung wird mit dem Tod des Täters suspendiert - sie beginnt erst dann wieder zu laufen, wenn er aufgetaut wird und in sein neues Leben entlassen wird.

Es sind gewiss noch mehr Möglichkeiten denkbar, dieses Dilemma aufzulösen - ich hoffe nur, dass sich die Justiz mit solchen Fällen nicht ähnlich schwertun wird, wie sie es bei den neuen Herausforderungen des Internet getan hat.

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