Die UEFA und das Regenbogensymbol

vorhergehende Artikel in: Rants
23.06.2021

Oh mann - UEFA, FIFA und die "Menschenrechte"

Bevor ich auf den eigentlichen Anlass für diesen Rant zu schreiben komme will ich hier zunächst erst einmal darlegen, was meine Gedanken zu dem Problem bis zu dem Zeitpunkt waren, als die UEFA das Verbot aussprach:

Zunächst mal war mir nicht ganz klar, warum irgendjemand die Erlaubnis der UEFA brauchen sollte, eine Lampe in einer bestimmten Farbe leuchten zu lassen - schon gar nicht in Zeiten der farblich stimmungsabhängig anpassbaren Wohnzimmerbeleuchtung und des farblich zum Fernsehbild passenden Heiligenscheins rund um das Fernsehgerät - Lampen leuchten heutzutage nicht mehr weiß!

Was mir bereits davor schon nicht klar war war, warum die Stadtund der FC Bayern und der DFB schon Wochen vorher unbedingt darüber erzählen mussten - und das dabei gleich immer so hoch angehängt haben: Es musste schon Wochen vorher klar gemacht und durchbuchstabiert werden, dass es sich hier um ein Symbol handelt und es gegen Ungarn gerichtet ist. Eine der vielen Fragen, die sich mir hier stellt ist: warum nur beim Ungarn-Spiel? Ist die Unterstützung des Symbols an nur einem Tag für ein paar Stunden ausreichend? Aus meiner Sicht sollte hier maximaler PR-Impact erreicht - und nicht irgendeine Beweguing unterstützt werden. Und dafür muss man sich natürlich bemühen, aus einer so armseligen Tatsache, wie ein paar Lampen bunt leuchten zu lassen eine Riesensache und ein Symbol rauszustilisieren. Das ist dieses Kreischen, das ich auch in allen anderen Bereichen so hasse - und das die subtileren Fakten heutzutage immer mehr überdeckt.

Das lässt sich vielleicht an einer Szene aus dem Film über Gandhi erklären (die so wahrscheinlich nie stattgefunden hat) Gandhi schlägt darin einen landesweiten Tag des Betens und Fastens vor um die Engländer nachdrücklich auf die Forderungen hinzuweisen. Daraufhin ein anderer begeistert: "Sie meinen einen Generalstreik!". Woraufhin der Darsteller des Gandhi mit Nachdruck erwidert: "Nein, ich meine einen Tag des Betens und Fastens!".

Als dann das Verbot der UEFA kam, wusste ich auch nicht, warum das jetzt ein solches Echo auslöst - erstens hatte man wochenlang darauf hingearbeitet und zweitens - und viel wichtiger: Während des Spiels darf das Stadion nicht in Regenbogenfarben erstrahlen. Während des Spiels? Also das ist ja auch die Zeitspanne, in der die Außenseite des Stadions besonders interessant ist. Dann macht die Lampen halt vorher und nachher bunt?

Nachdem ich allerdings noch ein wenig überlegt hatte, wurde mir das ganze Ausmaß der Verlogenheit bewusst - und auf Mastodon platzte mir dann der Kragen:

also ganz ehrlich kotzt mich diese ganze verlogene diskussion extremst an. wir machen unser stadion bunt und schwenken regenbogenfähnchen und demonstrieren damit für menschlichkeit und toleranz. aber an der nächsten wm nehmen wir natürlich teil - dort wurden die schönen neuen stadien durch sklavenarbeit errichtet, ihr heuchler!

Ich hatte nicht damit gerechnet, dass ich daraufhin Reaktionen bekomme - Ich habe prinzipiell nicht die Illusion, dass irgendetwas, das ich in sozialen Medien verzapfe für andere interessant ist. Aber eine der Reaktionen

Auch darum geht es in der Diskussion.  Erstmal informieren, bevor du lospolterst!

fand ich dann doch sehr interessant - trotz ihrer relativen Kürze gleich aus mehreren Gründen:

Ich fand sie zunächst erst einmal interessant, weil darin das lustige Vorgehen wunderbar angewendet wird, was ich in einem Video, das ich hier bereits einmal verlinkt hatte für Sektenführer geraten wird - nie auf Kritik eingehen oder sie gar diskutieren oder zu widerlegen versuchen - am besten ist immer das Totschlagargument: "Du verstehst das nicht, weil du einfach noch nicht auf der benötigten hohen Bewusstseinsstufe angekommen bist!". Und das kommt auch hier: Ich soll mich erst mal "informieren". Ich gebe gerne zu, dass ich nicht alle Artikel und Einlassungen zum Regenbogenstadion gelesen habe - aber ich erkläre hiermit, dass es in allem, was ich gelesen habe darum ging, sich an Ungarn abzuarbeiten - Kritik an der FIFA, der nächsten WM oder der Sklavenarbeit auf den Baustellen habe ich da nie gesehen - wenn man der Meinung ist, ich wäre falsch informiert, sollte man meiner Ansicht nach Quellen, Zitate und Links beilegen, die mir erlauben die Informationen zu finden, die mir fehlen. Nebenbei wäre das auch höchst peinlich gerade für den FCB die oben genannten Verbindungen herzustellen, da sie damit Gefahr laufen würden, ihren Kaiser zu beflecken...

Als ich da angekommen war - und als ich mir noch nicht sicher war, ob ich dazu wirklich einen Artikel schreiben sollte - kam mir folgender weitere Gedanke: Wie froh man in den Kreisen, die ähnliche Auffassungen vertreten wie mein geschätzter Kommentator, doch sein muss für ein solches schönes Symbol - den Regenbogen: Man kann ein buntes Fähnchen aus dem Fenster hängen und sich anschließend wieder mit wohligem Schauer in die Blase der eigenen Privilegien zurückziehen - man hat ja mit dem Zeigen des Symbols ein Statement gemacht und der Bewegung geholfen. Wohlgemerkt - damit meine ich nicht die echten Aktivisten, die tatsächlich versuchen, Gleichberechtigung und Toleranz zu erstreiten. Sondern das, was man früher Salonbolschewist genannt hat.

Ich fasse darunter auch das armselige Fähnchen - die regenbogenfarbige Kapitänsbinde Ich kenne Herrn Neuer nicht und folge ihm auch auf sozialen Medien (in denen er sicherlich reichlich vertreten ist) nicht. Daher kann es durchaus auch sein, dass es sich bei ihm um einen "echten" Aktivisten handelt, dem das Thema wirklich am Herzen liegt. Andererseits verzeihe man mir bitte, dass mir bei einem Menschen, dessen Wohl und Wehe (Sponsoren, PR) so untrennbar mit der sogenannten Aufmerksamkeitsökonomie verbunden ist - und in der aktuellen Situation - zumindestens der Verdacht kommt, es könne sich auch hier um Salonbolschewismus handeln!

Leider hat eben die Abschaffung - oder die Verhinderung der Wiedereinführung - von Sklavenarbeit kein so schönes Symbol hinter dem man sich verstecken kann...

Alle Artikel rss Wochenübersicht Monatsübersicht Github Repositories Gitlab Repositories Mastodon Über mich home xmpp


Vor 5 Jahren hier im Blog

  • Certstream, InfluxDB, Grafana und Netflix

    16.04.2019

    Nachdem ich vor kurzem über mein erstes Spielen mit dem certstream berichtete, habe ich weitere Experimente gemacht und die Daten zur besseren Auswertung in eine InfluxDB gepackt, um sie mit Grafana untersuchen zu können.

    Weiterlesen...

Neueste Artikel

  • Die sQLshell ist nun cloudnative!

    Die sQLshell hat eine weitere Integration erfahren - obwohl ich eigentlich selber nicht viel dazu tun musste: Es existiert ein Projekt/Produkt namens steampipe, dessen Slogan ist select * from cloud; - Im Prinzip eine Wrapperschicht um diverse (laut Eigenwerbung mehr als 140) (cloud) data sources.

    Weiterlesen...
  • LinkCollections 2024 III

    Nach der letzten losen Zusammenstellung (für mich) interessanter Links aus den Tiefen des Internet von 2024 folgt hier gleich die nächste:

    Weiterlesen...
  • Funktionen mit mehreren Rückgabewerten in Java

    Da ich seit nunmehr einem Jahr bei meinem neeun Arbeitgeber beschäftigt und damit seit ungefähr derselben Zeit für Geld mit Python arbeite, haben sich gewisse Antipathien gegenüber Python vertieft (ich kann mit typlosen Sprachen einfach nicht umgehen) - aber auch einige meiner Gründe, Python zu lieben sind ebenso stärker geworden. Einer davon ist der Fakt, dass eine Methode in Python mehr als einen Wert zurückgeben kann.

    Weiterlesen...

Manche nennen es Blog, manche Web-Seite - ich schreibe hier hin und wieder über meine Erlebnisse, Rückschläge und Erleuchtungen bei meinen Hobbies.

Wer daran teilhaben und eventuell sogar davon profitieren möchte, muß damit leben, daß ich hin und wieder kleine Ausflüge in Bereiche mache, die nichts mit IT, Administration oder Softwareentwicklung zu tun haben.

Ich wünsche allen Lesern viel Spaß und hin und wieder einen kleinen AHA!-Effekt...

PS: Meine öffentlichen GitHub-Repositories findet man hier - meine öffentlichen GitLab-Repositories finden sich dagegen hier.